Dr. Aref Hajjaj sprach in der Stadtbücherei Walldorf über „Palästina — Land ohne Hoffnung?"

Rhein-Neckar-Zeitung Mittwoch 17. 10.2018

Walldorf. (kf) „Ein Thema, das leider nicht aus den Schlagzeilen kommt, ein Thema, das sich aktuell vielleicht durch Donald Trump in eine andere Richtung entwickeln könnte " , sagte Barbara Grabl, Leiterin der Stadtbücherei Walldorf, in ihrer Begrüßung zur Veranstaltung „Palästina — Land ohne Hoffnung?" die in Kooperation mit dem Verein „Bildung und Begegnung Palästina ", vertreten durch den Vorsitzenden Günter Schroth, durchgeführt wurde.

Referent Dr. Aref Hajjaj (Foto: Kamuf) ist ein ausgewiesener Experte in dieser Thematik und hat unter anderem auch ein Buch mit diesem Titel veröffentlicht. Er ist in Jaffa/Palästina geboren, wurde 1948 infolge der Entstehung des Staats Israel aus seiner Heimat vertrieben, arbeitete nach Studium und Promotion im Deutschen Auswärtigen Amt als Übersetzer, Dolmetscher sowie als Dozent für Arabistik und interkulturelle Kommunikation und ist Vorsitzender des Deutschen Palästina-Forums.

Eingangs stellte der Referent fest, dass die Beschäftigung mit dem Palästinakonflikt in Deutschland geprägt sei durch die Hypothek des Holocaust. Es gebe im öffentlichen Diskurs grundsätzlich einen pro-israelischen Mainstream, wobei er erkenne, dass ein Teil der Presse sich um Neutralität beziehungsweise Objektivität bemühe. Es gelte, und das nehme er auch für seine eigene Position in der Thematik „Palästina" in Anspruch, dass es in der Geisteswissenschaft keine absolute Objektivität gebe. Er selbst folge grundsätzlich einem eher düsteren Weltbild, das gekennzeichnet sei durch einen „Kampf der Kulturen", wie er sich in aktuellen nationalen und religiösen Konflikten manifestiere.

Hajjaj stellte unter Bezugnamne auf sein Buch zunächst' e!neil geistesgeschichtlichen Bezug von arabischem Nationalismus und europäischem politischen Denken seit dem beginnenden 20. Jahrhundert dar, sowie die historischen Spuren des arabischen Nationalismus und des politischen Islam mit den daraus resultierenden Zersplitterungen und den Ausprägungen Wahabismus und Salafismus und zeichnete deren Entwicklung nach. Die historisch notwendige Reform des Islam sei gescheitert. Mit dem Radikalislam und dem Dschihadismus habe sich eine destruktive Richtung des Islam entwickelt.

Die Palästinenser sähen sich selbst als „besondere Araber". Die Unabhängigkeitserklärung des Staats Israel im Jahr 1948 und der darauffolgende erste arabisch-israelische Krieg sei eine Katastrophe („Nakba"), die bis heute andauere. Die Entwicklung einer palästinensischen Identität werde aktuell sowohl durch Israel als auch intern, zum Beispiel durch Hamas und Fatah, behindert.

Bezüglich der Lösungsmöglichkeiten des Palästinakonflikts führte Aref Hajjaj *äus, dass — bedingtdurch den illegalen israelisghén Siedlungsbau eine Zweistaatenlösung} nicht mehr angewandt werde könne. Langfristig könne es nur einen gemeinsamen Staat von Israelis und Palästinensern geben, für den jedoch beide Seiten von ihrem jeweiligen Nationalismus Abschied nehmen müssten. Die bestehende Konstellation mit einer stetigen Benachteiligung der Palästinenser sei nicht akzeptabel, es widerfahre ihnen himmelschreiendes Unrecht. Zur aktuellen israelischen Politik und der innerpalästinensischen Spaltung komme die Trump-Regierung als weiterer Hemmfaktor einer Lösung.

In der anschließenden Diskussionsrunde wurde der Frage nachgegangen, wer bei der vorgeschlagenen Schaffung eines gemeinsamen Staats eine unterstützende Rolle spielen könne. Deutschland scheidet hier nach Auffassung von Hajjaj aus, da hier mit der „Keule Antisemitismus" Israel kritisierende Lösungswege nicht zu gehen wären. Allenfalls die EU könne hier unterstützend tätig werden. Als weiterer möglicher Hoffnungsträger wurde aus dem Diskussionskreis die Zivilgesellschaft genannt und als Beispiel die transnationale BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestment, Sanktionen).