Göttinger Friedenspreis 2019                                                                                      19.Februar 2019

Stellungnahme zur Preisverleihung an den Verein Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e. V.

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Vorstand des Vereins Bildung und Begegnung Palästina Wiesloch e. V.  begrüßt die Verleihung des Göttinger Friedenspreises an den Verein Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost und stellt sich im daraus entstandenen Konflikt inhaltlich hinter die Argumentation des Jury-Vorsitzenden Andreas Zumach.

Begründung:

  • Wir kennen persönlich einige deutsch/jüdische Mitglieder dieser Vereinigung und sind zutiefst von deren Integrität überzeugt.
  • Nach dem jahrhundertelangen Antisemitismus in Europa mit dessen schrecklichster Ausprägung im faschistischen Deutschland sind wir uns unserer Verantwortung für den Staat Israel bewusst und begrüßen es, dass das jüdische Volk eine „nationale Heimstätte“ (Balfour-Deklaration) gefunden hat. Wir unterstützen auch voll und ganz die deutschen Bemühungen der Zivilgesellschaft und der Politik, alle Formen des heutigen Antisemitismus zu bekämpfen. Es kann dabei aber nicht im Interesse des Friedens sein, dass die systematische Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung und die verheerenden Auswirkungen  der  52 Jahre andauernden Besatzung nicht kritisch zu hinterfragen sind. Es kann auch nicht hingenommen werden, dass das palästinensische Volk das Opfer für unsere historische Schuld erbringen soll.
  • Deshalb ist es unser Anliegen, die UNO-Resolution 181 (1947) und die Resolution 242 des UNO-Sicherheitsrates (1967) – in denen den Palästinensern ein eigener Staat in Palästina zuerkannt und die Besatzung Palästinas als völkerrechtswidrig eingestuft wird –  zu respektieren und auch entsprechend zu handeln.
  • Mit dem völkerrechtlich anerkannten Ziel eines gerechten und nachhaltigen Friedens zwischen Israel und Palästina müssen die Interessen beider Völker berücksichtigt werden. Davon kann durch die völkerrechtswidrige Besatzung Palästinas seit 52 Jahren leider keine Rede sein.
  • Im Interessenskonflikt zwischen Gegnern und Befürwortern der „Jüdischen Stimme“ ist es völlig kontraproduktiv, die Meinungsfreiheit des Anderen zu untergraben und dessen Meinung zu dämonisieren. Insbesondere ist Aufmerksamkeit geboten, wenn der Begriff Antisemitismus inflationär instrumentalisiert wird. Dies geschieht immer häufiger auch in der Auseinandersetzung um BDS. BDS wird dabei bewusst desinformativ mit dem faschistischen „Kauft nicht bei Juden“ assoziiert. Doch BDS ist nicht rassistisch motiviert sondern eine Form des gewaltfreien Widerstandes gegen die völkerrechtswidrige Besatzung und die dadurch eingeschränkten Lebensgrundlagen der Palästinenser. Daraus eine „Delegtimierung“ des Staates Israel zu unterstellen ist intellektuell unredlich. Kirchen, Gewerkschaften und – nach Aussage der Hohen EU-Vertreterin Federica Mogherini – die Charta der Grundrechte der Europäischen Union treten für BDS ein.

Unser Verein ist nicht der Organisation BDS beigetreten. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir deren Redlichkeit anzweifeln. 

Wir hoffen, Sie finden in diesem mit historischer Schuld beladenen Konflikt eine besonnene und demokratisch vertretbare Lösung.

Shalom und Salam

Für den Vereinsvorstand

Günter Schroth       Renate Schenk